...die moderne Art der Ertüchtigung: das Sportskala-System
...die moderne Art der Ertüchtigung: das Sportskala-System

Das Sportkabinett –

Ertüchtigung nach dem Sportskala-System

In den 1960er Jahren begannen Arbeitgeber und Regierung zunehmend, sich für das Wohlergehen und die Gesundheit ihrer Arbeitnehmer zu interessieren. Dies führte zu einer Vielzahl neuer Sportmöglichkeiten für Werktätige. Eine der wichtigsten Entwicklungen war die Förderung von Betriebssportgemeinschaften, die es Arbeitnehmern ermöglichten, in ihrer Freizeit verschiedene Sportarten in organisierten Gruppen auszuüben. Unternehmen stellten oft Räumlichkeiten und finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Bildung solcher Sportgruppen zu unterstützen. Zusätzlich wurden Fitness- und Gesundheitsprogramme in Betrieben eingeführt, um den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, an Gruppenfitnesskursen, Yoga, Aerobic und anderen Aktivitäten teilzunehmen. Darüber hinaus wurden auch Freizeitsportanlagen wie Fußballplätze, Tennisplätze und Schwimmbäder auf dem Gelände von großen Fabriken und Unternehmen gebaut, um den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich nach der Arbeit sportlich zu betätigen. 

 

Auch die IG Metall engagierte sich schon früh stark für die Sportförderung. Sie unterstützte sowohl den Breitensport als auch den Leistungssport. Dies umfasste beispielsweise die finanzielle Förderung von Sportvereinen und die Bereitstellung von Sportanlagen für die Arbeiterinnen und Arbeiter. Dieses Engagement trug dazu bei, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu fördern und die Gemeinschaft innerhalb der Belegschaften zu stärken.

 

Der Offenbacher Sportpädagoge Herbert Wolff entwickelte das Sportskala-System - ein System gegen den Bewegungsmangel. Er führte die Tätigkeiten der ungefähr 21 000 verschiedenen Berufe in Deutschland auf 9 Grundbewegungen zurück: sitzen, stehen, laufen, heben, tragen, drücken, greifen, ziehen und bücken. Aus der Art der vorherrschenden Berufsbewegung schloss er auf die förderungsbedürftigen Kümmer-Muskeln - entsprechend ihren wichtigsten Bewegungsabläufen gliederte er dann die Berufe in 11 Rubriken. Zusammen mit dem Berliner Arbeitsmediziner Prof. Dr. Harald Mellerowicz setzte Wolff 12 Geräte zu einem Sportkabinett zusammen, in dem körperlich unter- oder fehlbelastete Menschen ihre Organe kräftigen und Muskelmängel beheben konnten.

 

...auf einer Fläche von nur 45qm hatte man alles, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun
...auf einer Fläche von nur 45qm hatte man alles, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun

Der Sportlehrer Wolff klügelte dazu eine Tabelle aus, auf der die körperlich unter- oder fehlbelasteten Menschen je nach Beruf, Alter und Geschlecht ablesen konnten, wie lange und in welcher Reihenfolge sie am Trockenrudergerät pullen, auf dem Laufband traben oder auf dem Fahrrad-Ergometer strampeln mussten, um fit zu bleiben: die in Form einer Pappscheibe mitgelieferte Sportskala.

 

So empfahl die Sportskala beispielsweise einem Kraftfahrer wöchentlich einmal 29 Trainingsminuten. 4 Minuten lang entspannt das Vibrationsband verhärtete Muskeln, in jeweils 3 Minuten werden Haltungsfehler an der Sprossenwand bekämpft und Reaktion und Hüftbeweglichkeit am Punchingball geschult. Das Laufband (2 Minuten) regt den Kreislauf an, der »Frankfurter Dehnungssessel« (1 Minute) - ein modernes Prokrustes-Bett - kräftigt vor allem Rumpf- und Bauchmuskulatur. Das Standfahrrad (2 Minuten) fördert die Ausdauer, die Trockenruder-Anlage (1 Minute) die Atmung. 

 

Solch ein Sportkabinett benötigte nur einen ca. 45qm großen Raum und kostete zwischen 11.000 D-Mark und 14.000 D-Mark.

 

»Die Menschen sind bequem«, urteilte Kabinetts-Sportlehrer Wolff. »Man muss ihnen die Trainingsmöglichkeit ins Haus liefern.« Deshalb warb er vor allem bei Firmen, Verbänden und Behörden für sein System. Die IG Metall installierte daraufhin umgehend zwei Sportkabinette - eines im Feriotel Buntenbock und eines im Feriotel Hauerskopf.

...das Sportkabinett im Feriotel Buntenbock
...das Sportkabinett im Feriotel Buntenbock